wirkten Entscheidungen wirklich mit? Übernehmen Sie wirklich Eigenverantwor- tung? Oder funktionieren sie eher aus Angst? Und: In wie vielen Konferenzen sitzen wir, in denen uns vermeintliche Ex- perten und Gurus mit Hunderten Power- Points erschlagen. Dabei geht es doch eigentlich ums Vernetzen, ums Voneinan- der-Lernen. Doch die meisten Fachkon- ferenzen degradieren die Gäste – meist ebenfalls Fachleute wie die auf der Bühne – zu Lehrlingen, die sich von den Referenten erklären lassen, wie die Welt funktioniert. Vielleicht sitzen im Publikum oft die besseren Fachleute? Vielleicht können die im Fußraum genauso viel beitragen wie der UN-Abgeordnete auf der Bühne.
The Art of Hosting kann hier helfen – die Kunst, ein guter Gastgeber von guten Gesprächen zu sein. Dabei geht es nicht in erster Linie um eine bestimmte Modera- tionstechnik oder neuartige Gesprächs- führung. Sondern um eine Haltung, bei der während eines Gesprächs grundsätzlich für alle Aspekte gesorgt ist, die für ein kreatives, fruchtbringendes und gemein- sames Arbeiten auf Augenhöhe nötig sind. So, wie ein guter Gastgeber dafür Sorge trägt, dass seine Gäste alles haben, was sie für einen ergiebigen Besuch bei ihm
brauchen.
Wie definiert sich ein guter Gastgeber? Wie ein gutes Gespräch? Und was braucht es dazu? Zwei, die wissen, wie das geht, sind Pamina Haussecker und Aliette Dörflinger. Sie sind unter anderem beide Gastgeberin- nen des „Wiener Salons für Wandel“ und haben bereits zahlreiche Kongresse, Kon- ferenzen und Gesprächsrunden im Art-of- Hosting-Stil gestaltet und begleitet.
„Ein gutes Gespräch kommt von Dialog. Dazu braucht es die Bereitschaft, zu fragen und zuzuhören. Also das Gegenteil von einem Schlagabtausch mit Gewinnern und Verlierern“, so Haussecker. Und Dörflinger dazu: „Ein gutes Gespräch ist, wenn sich Menschen wirklich begegnen, sich ver- standen fühlen, ja auch das Gefühl haben, sich einbringen zu können, gehört zu wer- den. In einer vertrauensvollen und geschützten Atmosphäre kann sich aus diesem Verständnis ein Raum eröffnen, wo wirklich Neues entstehen kann. Wir ken- nen das alle: Wenn die Atmosphäre passt und jeder vertrauensvoll reden kann, dann kommt man plötzlich drauf, worum es eigentlich wirklich geht gerade.“
Pamina Haussecker Es öffnen sich Kam- mern, die in unserer traditionellen Ar-
beitswelt gar nicht berührt werden. Und genau da stecken die Juwelen drinnen.
Worin liegt nun genau die Kunst?
Aliette Dörflinger Weil solche Räume – von der Schule bis zur Arbeit – rar geworden sind. Da wird lieber stur an von oben dik- tierten Zielen und Strategien festgehalten und Menschen dazu gedrängt, diese möglichst schnell zu erfüllen, als einmal genau hinzuschauen, was genau diese Klasse, dieses Team gerade braucht, was möglich wäre und was die Menschen am besten dazu beitragen könnten.
Haussecker In einem zugleich geschützten und offenen Gesprächsraum können Men- schen aus diesen hierarchisch-linearen Um- feldern ermutigt werden, etwas zu wagen: zu hinterfragen, sich zu zeigen, selbst die Agenda zu setzen, und ein Miteinander statt ein Gegeneinander entwickeln. Wichtig ist hier, dass sich die Teilnehmer trauen, sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit einzubringen, und sich nicht hinter Positio- nen, Hierarchien und Sachthemen ver- schanzen. „Sprechen mit Hirn und Herz“ nennen wir das.
Die Aufgabe der AOH ist es also, diesen Raum zu schaffen und zu halten, damit das alles
Mensch & Gesellschaft: Art of Hosting